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Weniger Einnahmen: Sachsen muss "den Gürtel enger schnallen"

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Über dem sächsischen Finanzministerium schwebt spätestens seit Freitag eine dunkle Wolke. Der Freistaat muss mit deutlich weniger Geld auskommen. Die Kommunen sind genervt vom Sparappell.

Dresden.

Die anhaltend schlechte Wirtschaftslage in Deutschland hinterlässt der jüngsten Steuerschätzung zufolge auch in Sachsen ein enormes Haushaltsloch. Der Freistaat muss mit deutlich weniger Steuereinnahmen auskommen als zuvor erwartet, wie das Finanzministerium am Freitag in Dresden mitteilte. Insgesamt könne der sächsische Staatshaushalt dieses Jahr Steuereinnahmen in Höhe von 19,1 Milliarden Euro erwarten - das sind ungefähr 385 Millionen Euro weniger als bei der vorherigen Schätzung.

Für den Zeitraum des kommenden Doppelhaushalts könne der Freistaat nächstes Jahr mit Steuereinnahmen von 19,6 Milliarden Euro und im Jahr 2026 von 20,4 Milliarden Euro rechnen. Im Vergleich zur Schätzung im Oktober 2023 und zur mittelfristigen Finanzplanung bedeutet dies in Summe beider Jahre eine deutliche Reduzierung der bisherigen Einnahmeerwartungen um 715 Millionen Euro.

"Im Staatshaushalt werden wir den Gürtel deutlich enger schnallen müssen"

Die wirtschaftlichen Aussichten sind laut dem sächsischen Finanzminister Hartmut Vorjohann "derzeit nicht gut". "Die Folgen des Kriegs in der Ukraine und der wirtschaftspolitische Kurs der Ampelkoalition im Bund belasten die Stimmung in der deutschen Wirtschaft erheblich", sagte der CDU-Politiker. Das bringe auch für den Freistaat spürbar niedrigere Steuereinnahmen mit sich. "Im Staatshaushalt werden wir den Gürtel deutlich enger schnallen müssen." Damit reagierte Vorjohann auf die Ergebnisse der Steuerschätzung für Bund, Länder und Kommunen.

Absehbar werde detailliert und kritisch zu hinterfragen sein, welche Maßnahmen und Strukturen in ihrer bisherigen Form noch fortgeführt werden können. Die Zeit von zusätzlichen Projekten und immer neuen Vorhaben sei vorbei, sagte Vorjohann weiter. "Spätestens jetzt sollte jeder verstanden haben, dass zusätzliche Wünsche von über 11 Milliarden Euro und deutlich über 6000 neue Stellen kein Rahmen für die Aufstellung des Doppelhaushalts 2025/2026 sein können." Wer auf der Ausgabenseite neue Prioritäten setzen möchte, müsse auch entsprechende Einsparvorschläge vorlegen.

Kommunen reagieren empört

Der Sächsische Landkreistag reagierte gereizt und kritisierte vor allem die in den vorigen Jahren von der Staatsregierung beschlossenen Rechtsverordnungen und im Landtag und Bundestag verabschiedeten Gesetze, mit immer neuen kostentreibenden Standards und Leistungsansprüchen. Regelmäßig seien diese von der kommunalen Ebene zu vollziehen. "Wir haben bei jedem dieser Vorhaben vor den Kostenfolgen und der oftmals fehlenden nachhaltigen Finanzierung gewarnt", sagte der Präsident des Landkreistags, Henry Graichen (CDU). Dass die Gemeinden, Städte und Landkreise nunmehr den Gürtel enger schnallen sollten für eine Situation, die von der staatlichen Seite verursacht worden sei, sei "unverfroren".

Im Gegensatz zum Freistaat können die sächsischen Kommunen im Ergebnis der Mai-Steuerschätzung im Vergleich zur Oktoberschätzung 2023 mit höheren Steuereinnahmen rechnen. Maßgeblich dafür sei die starke Entwicklung der Gewerbesteuer in vielen Städten und Gemeinden in Sachsen. Für 2024 werden kommunale Steuereinnahmen in Höhe von 4,77 Milliarden Euro erwartet - für das kommende Jahr von 4,96 Milliarden Euro. 2026 werden Einnahmen in Höhe von 5,15 Milliarden Euro erwartet.

Der Sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) verglich die finanzielle Lage des Freistaats mit "einem schweren Gewitter mit lang anhaltendem Regen". "Mit den üblichen Instrumenten, die bei Finanzausgleichsverhandlungen zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel der Auflösung von Vorsorgevermögen oder der Verringerung von Zweckbindungen, ist das allein nicht mehr zu bewältigen", sagte SSG-Chef Mischa Woitscheck. Die kommunalen Strukturen müssten wetterfest gemacht werden. Gleichzeitig müsse in die gemeinsame Zukunft investiert werden. Woitscheck forderte den Freistaat auf, "alle Landesstandards bis zur Verabschiedung des Haushalts 2025/2026 auf den Prüfstand zu stellen."

Erneute Forderung nach Reform der Schuldenbremse

Auch nach Einschätzung des SPD-Fraktionschefs Dirk Panter darf es ein "Weiter-so" nicht geben. "Gerade in der aktuell nicht einfachen Haushaltslage ist es unverantwortlich, erhebliche Mittel für Luxusvorsorge zu binden und gleichzeitig auf zielgerichtete Investitionen zu verzichten, die für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes absolut notwendig sind." Es brauche auch in Zeiten knapper Kassen einen handlungsfähigen Freistaat ebenso wie handlungsfähige Kommunen.

Ähnlich sehen es die Grünen. "Die meisten Länder haben sich für umfassende Investitionspakete entschieden", sagte Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert. Dies sei in Sachsen nicht möglich, weil die sächsische Schuldenbremse konjunkturelle Schwankungen und Inflation nicht berücksichtigt. Ihre Partei habe mehrmals vor den Folgen gewarnt "und eine dringend notwendige Anpassung der Schuldenbremse vorgeschlagen". Die CDU und der sächsische Finanzminister hätten dies jedoch abgelehnt. (dpa)

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